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Beschränkte Steuerpflicht bei sog. „Registerfällen“ – JStG 2022 bringt (wohl) nur eingeschränkte Entlastung für Steuerpflichtige

Der Bundestag hat am 2. Dezember 2022 das Jahressteuergesetz 2022 („JStG 2022“) verabschiedet. Anders als aus Sicht der Praxis erhofft und im Regierungsentwurf vom 10. Oktober 2022 noch vorgesehen, bringt das JStG 2022 nun doch keine weitgehende Abschaffung der beschränkten Steuerpflicht für sog. Registerfälle (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 f bzw. Nr. 6 EStG). Damit konnte sich das Bundesfinanzministerium (BMF) mit seinen Empfehlungen bereits zum zweiten Mal1 nicht gegen die insoweit bestehende politische Stimmungslage durchsetzen. Dies ist unter anderem wohl einer allgemeinen, wenn auch nicht zwingend begründeten, Furcht vor missbräuchlichen Gestaltungen geschuldet.   Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus, wird aber in seiner Sitzung am 16. Dezember 2022 voraussichtlich erfolgen, so dass das JStG 2022 noch vor Jahresende in Kraft treten kann.

Rückblick

Unter dem Stichwort „Registerfälle“ wird die beschränkte Besteuerung der zeitlich befristeten Überlassung bzw. der Veräußerung von im Inland eingetragenen Rechten, für den Fall, dass über die Registereintragung hinaus keine weiteren inländischen Anknüpfungspunkte bestehen, verstanden (bisher geregelt in § 49 Abs. 1 Nr. 2 f bzw. Nr. 6 EStG).

Diesbezüglich hatten die im Juli 2022 bzw. Oktober 2022 veröffentlichten Entwürfe des JStG 2022 noch eine weitgehende Abschaffung der beschränkten Steuerpflicht für die Zukunft vorgesehen. Lediglich in Fällen, in denen der Inhaber des Rechts in einer sog. nicht kooperativen Jurisdiktion ansässig ist, sollte eine Besteuerung für die Zukunft sichergestellt sein. Vgl. hierzu bereits unseren Newsletter vom 16. August 2022. Nunmehr soll es nach dem JStG 2022 darüber hinaus auch weiterhin bei einer Besteuerung sog. Nicht-DBA Fälle zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG bleiben.

Änderungen in der vom Bundestag am 02.12.2022 verabschiedeten Fassung des JSTG 2022

Zusammengefasst sehen die vom Bundestag verabschiedeten Regelungen des JStG 2022 zur Registerfallbesteuerung Folgendes vor:

  • Handelt es sich bei den Parteien der zeitlich befristeten Rechteüberlassung bzw. der Veräußerung von Rechten um nahestehende Personen im Sinne von § 1 Abs. 2 AStG, soll die beschränkte Steuerpflicht grundsätzlich bestehen bleiben. Eine wichtige Ausnahme gilt für Fälle, in denen ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) das deutsche Besteuerungsrecht ausschließt und nationale Regelungen (z.B. § 50d Abs. 3 EStG) einer DBA-Anwendung auch nicht entgegenstehen (DBA-Fall). In diesen DBA-Fällen sollen Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen bzw. Veräußerungen nach dem 31. Dezember 2022 keiner beschränkten Steuerpflicht mehr unterliegen. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2023 bleibt es auch in DBA-Fällen weiterhin bei einer Besteuerung.
  • Handelt es sich bei den Parteien der zeitlich befristeten Rechteüberlassung bzw. der Veräußerung von Rechten nicht um nahestehende Personen im Sinne von § 1 Abs. 2 AStG, soll die beschränkte Steuerpflicht in allen offenen Fällen, d.h. auch für die Vergangenheit, entfallen.
  • In Fällen in denen der Gläubiger der Vergütungen für die zeitlich befristete Überlassung bzw. für die Veräußerung von im Inland eingetragenen Rechten in einer der vom Steueroasenabwehrgesetz erfassten sog. nicht kooperativen Jurisdiktionen (entspricht der EU-Liste nicht kooperativer Länder für Steuerzwecke) ansässig ist, bleibt es in jedem Fall bei der beschränkten Steuerpflicht. Zu diesem Zweck wurde der Anwendungsbereich des Steueroasenabwehrgesetzes mit Wirkung ab 1. Januar 2022 entsprechend erweitert (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Steueroasenabwehrgesetz-E).

Auswirkungen auf die Praxis

Letztlich entlasten die Änderungen des JStG 2022 die Unternehmen und die Finanzverwaltung künftig in den zahlreichen konzerninternen DBA-Fällen, da eine Verneinung der Steuerpflicht bereits auf Tatbestandsebene die Pflicht zur Abgabe von Steueranmeldungen bzw. zur Vorlage von Freistellungsbescheinigungen entfallen lässt. Für sog. Drittfälle, deren Aufarbeitung die Unternehmen vor große praktische Schwierigkeiten gestellt hätte, gilt dies sogar mit Wirkung für die Vergangenheit. Der Umstand, dass Nicht-DBA Fälle zwischen nahestehenden Personen dagegen weiterhin uneingeschränkt einer beschränkten Steuerpflicht unterliegen sollen, ist unter rechtlichen Gesichtspunkten äußerst fragwürdig. Streitigkeiten sind hier vorprogrammiert und es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in diesen Fällen entscheiden werden.

Wichtig ist, dass für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2022 bei Sachverhalten  zwischen nahestehenden Personen im Sinne von § 1 Abs. 2 AStG, also insbesondere bei konzerninternen Fällen, alles „beim Alten“ bleibt und insoweit auch die zu den Registerfällen ergangenen BMF-Schreiben2 weiterhin gelten. Hier wäre weiterhin zu prüfen, ob für vergangene Sachverhalte (bis einschließlich 31. Dezember 2022) Steuererklärungen oder Steueranmeldungen abzugeben sind bzw. Anträge auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung im vereinfachten Verfahren gestellt werden können.  Die Frist hierfür endet nach dem zuletzt ergangenen BMF-Schreiben vom 29. Juni 2022 mit Ablauf des 30. Juni 2023.

Ausblick

Obgleich formal noch die Zustimmung des Bundesrats aussteht, ist vor dem Hintergrund des bisherigen Verlaufs des Gesetzgebungsverfahrens damit zu rechnen, dass die betreffenden Regelungen zu den „Registerfällen“ wie vorstehend dargestellt bis Ende des Jahres in Kraft treten werden.

Wie dargestellt, besteht mit Ausnahme der sog. Drittfälle jedenfalls für die Vergangenheit Handlungsbedarf für betroffene Unternehmen. Für die Zukunft sollten Unternehmen die vom Bundestag verabschiedete Neuregelung in ihre strategischen Überlegungen mit einbeziehen. Das Steuerrechtsteam von Allen & Overy unterstützt Sie hier gerne. Gemeinsam mit Ihnen prüfen wir möglicherweise betroffene Lizensierungsstrukturen und Vertragstypen, analysieren und bewerten mögliche Risiken und unterstützen Sie bei der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen.

 

1 Bereits im Entwurf des Abzugssteuermodernisierungsgesetzes vom 19.11.2020 hatte das BMF die Abschaffung der Registerfallbesteuerung vorgeschlagen. Der entsprechende Wortlaut wurde dann in der endgültigen Fassung dieses Gesetzes aber nicht übernommen. 

2 BMF-Schreiben vom 11.02.2021 (BStBl. I 2021, 301), v. 14.07.2021 (BStBl. I 2021,  1005) und v. 29.06.2022 (BStBl. I 2022, 957).

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