Lösung in Sicht für die sog. Registerfälle?
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16 August 2022
RÜCKBLICK
Der RefE ist bereits der zweite Anlauf des Bundesfinanzministeriums (BMF) für eine Neuregelung der Registerfallbesteuerung. Während die Ende 2020 vorgesehene Komplettabschaffung der Registerfallbesteuerung im Gesetzgebungsverfahren zum Abzugssteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes1 scheiterte, soll die nun im RefE vorgeschlagene Kompromisslösung endlich die erforderliche politische Zustimmung finden.
Damit würde eine seit mehr als zwei Jahren andauernde Phase der Unsicherheit für betroffene Unternehmen enden, die spätestens mit dem BMF-Schreiben vom 6. November 2020 begonnen hatte, als das BMF erstmals unter Verweis auf die seit mehr als hundert Jahren bestehende Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 2f bzw. Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) eine beschränkte Steuerpflicht für Registerfälle annahm. Auch eine mit Schreiben vom 11. Februar 2021 erlassene Billigkeitsregelung des BMF für die zeitlich beschränkte Rechteüberlassung während der Vergangenheit in DBA-Fällen (sog. vereinfachtes Verfahren), welche mittlerweile zweimal2 verlängert wurde, zuletzt bis zum 30. Juni 2023, vermochte daran nichts zu ändern. Letztlich gaben wohl die Ergebnisse einer vom BMF durchgeführten Untersuchung3, wonach einem künftig nur geringen Steueraufkommen bestehende rechtliche Unsicherheiten, ein hoher Verwaltungs- und Kostenaufwand für alle Beteiligten und schließlich auch ein verändertes internationales Besteuerungsumfeld gegenüberstehen, den letzten Anstoß für die geplante Neuregelung.
GEPLANTE ÄNDERUNGEN IM REFE
Die Registerfallbesteuerung soll nach dem RefE zukünftig auf Fälle beschränkt werden, in denen der Vergütungsgläubiger in einer Steueroase im Sinne des § 2 StAbwG ansässig ist. In Drittfällen soll die Besteuerung weitestgehend auch für die Vergangenheit abgeschafft werden. Dies würde eine erhebliche Erleichterung für die betroffenen Unternehmen bedeuten.
Grundsatz
- Nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG
Es soll für Registerfälle zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG (u.a. direkte oder indirekte Mindestbeteiligung von 25%) bei einer beschränkten Steuerpflicht bleiben, aber nur für Vergütungen, die bis zum 31. Dezember 2022 zufließen (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2f Satz 2 EStG-E und § 49 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG-E). Vergütungen, die in diesen Fällen nach dem 31. Dezember 2022 zufließen sollen keiner Besteuerung mehr unterliegen. Letzteres vor dem Hintergrund, dass aus Sicht des BMF kritische Lizenzstrukturen innerhalb internationaler Unternehmensgruppen als Reaktion auf die Registerfallbesteuerung, aber auch mit Blick auf die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung, zwischenzeitlich weitgehend angepasst wurden.
- Keine nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG
Die beschränkte Steuerpflicht für die zeitlich befristete Rechteüberlassung bzw. Rechteveräußerung zwischen nicht nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG soll sogar mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2f Satz 2 EStG-E und § 49 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG-E). Das BMF reagiert damit auf die in der Praxis kaum lösbaren Informationsbeschaffungsschwierigkeiten der Beteiligten bei aus seiner Sicht nur geringem steuerlichen Gestaltungspotential in Drittfällen.
- Erstmalige Anwendung
Die Änderungen sollen auf alle offenen Fälle anwendbar sein (§ 52 Abs. 45a EStG-E). Insoweit enthält die derzeitige Fassung der Anwendungsvorschrift noch gewisse Unschärfen. Wir gehen aber davon aus, dass diese im laufenden Gesetzgebungsverfahren behoben werden.
Ausnahme: Ansässigkeit des Rechteinhabers in einer Steueroase
Ist der Rechteinhaber in einem “nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet” im Sinne des § 2 StAbwG steuerlich ansässig, soll es nach dem RefE bei einer Besteuerung der Registerfälle bleiben. Zu diesem Zweck soll der derzeit bestehende § 10 StAbwG um die Registerfälle ergänzt werden (§ 10 Nr. 5 StAbwG-E). Die Liste der “nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete“ ist in einer Verordnung des BMF geregelt und entspricht der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke4.
Da die Neuregelung im StAbwG erstmals ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden sein soll (vgl. § 13 Abs. 1a StAbwG-E), bliebe es für derartige Registerfälle im Falle nicht nahestehenden Personen bei einer Besteuerung ab dem 1. Januar 2022. Registerfälle zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG, würden in Steueroasenfällen auch über den 31. Dezember 2022 hinaus einer Besteuerung unterliegen, allein die Rechtsgrundlage würde sich ändern.
AUSBLICK
Angesichts des frühen Stadiums des Gesetzgebungsverfahrens und dem Umstand, dass eine frühere Gesetzesinitiative schon einmal scheiterte, ist die Einführung der geplanten Neuregelung derzeit noch völlig offen. Auch kann es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch zu inhaltlichen Änderungen kommen.
Das Steuerrechtsteam von Allen & Overy wird die Entwicklungen hierzu weiter beobachten.
WAS SOLLTEN BETROFFENE UNTERNEHMEN JETZT TUN?
Mit Blick auf die beschriebenen Unsicherheiten sollten betroffene Unternehmen bis zu einem Abschluss des laufenden Gesetzgebungsverfahrens die derzeitige Verwaltungsauffassung einer Steuerpflicht für Registerfälle sowie die dazu ergangenen BMF-Schreiben weiter berücksichtigen. Die Verlängerung der Billigkeitsregelung (sog. vereinfachtes Verfahren) bis zum 30. Juni 2023 schafft hier für zahlreiche Fälle einen gewissen zeitlichen Spielraum.
Die geplante Neuregelung sollten Unternehmen allerdings schon jetzt in ihre strategischen Überlegungen mit einbeziehen. Das Steuerrechtsteam von Allen & Overy unterstützt Sie hier gerne. Gemeinsam mit Ihnen prüfen wir möglicherweise betroffene Lizensierungsstrukturen und Vertragstypen, analysieren und bewerten mögliche Risiken und unterstützen Sie bei der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen.
1 BGBl I 2021, S. 1259
2 BMF-Schreiben vom 14. Juli 2021 sowie BMF-Schreiben vom 29. Juni 2022
3 Bericht des Bundesministeriums der Finanzen zur Evaluation der geltenden Rechtslage der Besteuerung sog. Registerfälle, veröffentlicht am 28. Juni 2022.
4 Derzeit gilt für § 2 StAbwG die EU-Liste vom 5.Oktober 2021, vgl. Verordnung vom 20. Dezember 2021, BGB1 I 2021, S.5236.