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Wichtige Gesetzesänderungen im Unternehmensteuerrecht

Das Jahresende 2023 war durch einige Bewegung in der steuerlichen Gesetzgebung gekennzeichnet. Hervorzuheben sind vor allem das Kreditzweitmarktförderungsgesetz (als Teilumsetzung des noch im Vermittlungsausschuss hängenden Wachstumschancengesetzes), das Mindeststeuerumsetzungsgesetz sowie das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Die folgende Zusammenfassung gibt einen Überblick über ausgewählte Änderungen. Sämtliche beschriebenen Änderungen sollen dabei (soweit nicht anderweitig angegeben) ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten.

Kreditzweitmarktförderungsgesetz – Zinsschranke und Grunderwerbsteuer

Angesichts des stockenden Gesetzgebungsverfahrens zum Wachstumschancengesetz und zahlreichen Forderungen aus der Praxis, insbesondere hinsichtlich der ausbleibenden MoPeG-Anpassungen, wurden einige Teile des Wachstumschancengesetzes in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz überführt, um ein Inkrafttreten ab 2024 zu ermöglichen.

Änderungen bei der Zinsschranke

Zinsbegriff

Der überarbeitete Begriff der Zinsaufwendungen umfasst nun neben den Vergütungen für Fremdkapital auch wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und enthält einen direkten Verweis auf die ATAD-Richtlinie. Es ist daher davon auszugehen, dass der Zinsbegriff zukünftig extensiv ausgelegt wird und z.B. Arrangement Fees (entgegen der neueren BFH-Rechtsprechung) und Swap-Zahlungen umfasst. Der Begriff der Zinserträge wurde ebenfalls um wirtschaftlich gleichwertige Erträge erweitert.

Ferner hat Deutschland eine zusätzliche Ausnahme für Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung öffentlicher Infrastrukturprojekte eingeführt. Die konkrete Interpretation der Voraussetzungen (z.B. die geforderte Langfristigkeit des Projekts) wird sich in der Praxis allerdings erst herauskristallisieren müssen.

Ausnahmetatbestände (Konzern-Klausel und Eigenkapital-Escape)

Bei der Konzern-Klausel wurde insbesondere der Konzernbegriff überarbeitet. Schädlich sind nun bereits nahestehende Personen der finanzierten Gesellschaft (effektive Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsschwelle von 50% auf 25%). Bei dem Eigenkapital-Escape ergeben sich punktuelle Änderungen ebenfalls beim Konzernbegriff sowie bei der Berechnungstechnik der 10%-Schwelle der schädlichen Vergütungen für Fremdkapital an nahestehende Personen (fortan Summenbetrachtung aller Aufwendungen an alle nahestehende Personen anstatt Einzelbetrachtung pro Person wie bisher von der Rechtsprechung vertreten).

Erweiterung der Einschränkungen der Zinsschranke auf Zinsvortrag

Die Ausnahmen der Zinsschranke sollen zukünftig nur noch auf die Nettozinsaufwendungen des jeweiligen Wirtschaftsjahres, nicht jedoch auf einen etwaigen Zinsvortrag Anwendung finden. Abhängig vom Sachverhalt kann sich dies positiv oder negativ auswirken. So kann es vorteilhaft sein, dass ein Zinsvortrag nicht mehr zum Überschreiten der EUR 3-Mio.-Freigrenze führen kann. Auf der anderen Seite kann der Zinsvortrag allerdings auch nicht mehr innerhalb der EUR 3-Mio.-Freigrenze voll abzugsfähig sein. Ein nicht genutzter EBITDA-/ Zinsvortrag soll zudem fortan auch in den Fällen des Teilbetriebsübergangs/ der Teilbetriebsaufgabe untergehen (Aufteilung nach dem Verhältnis der gemeinen Werte der Teilbetriebe).

Nicht umgesetzte Änderungen

(Bisher) nicht umgesetzt wurden insb. die angekündigte sog. Anti-Fragmentierungsregel, welche die EUR 3-Mio.-Freigrenze nur einmal für gleichartige Betriebe unter einheitlicher Leitung zur Anwendung bringen wollte, die Zinshöhenschranke (Begrenzung des Zinsabzugs abhängig von dem BGB-Basiszinssatz) und die anstelle der Zinshöhenschranke geplanten Änderungen im Außensteuergesetz betreffend Zinsabzug bei grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen (§ 1 Abs. 3d, 3e AStG-E). Ggf. kommen diesbezüglich aber noch Änderungen durch das Wachstumschancengesetz.

Änderungen bei der Grunderwerbsteuer

Um der umstrittenen Frage der Auswirkung der MoPeG-Reform zum 1. Januar 2024 auf das Grunderwerbsteuergesetz zu begegnen, wurde ein neuer § 24 GrEStG eingefügt, der für grunderwerbsteuerliche Zwecke eine Fiktion der Gesamthandeigenschaft für alle rechtsfähigen Personengesellschaften anordnet. Somit sollten die bestehenden Nachbehaltensfristen nicht automatisch verletzt sein und die Begünstigungen nach §§ 5, 6 GrEStG bleiben vorerst grundsätzlich auch auf neue Fälle anwendbar. Die neue Norm gilt temporär bis Ende 2026.

Zukunftsfinanzierungsgesetz – Mitarbeiterbeteiligungsprogramme

Im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wurde der Anwendungsbereich von § 19a EStG (Aufschub der Besteuerung bei Gewährung vom Vermögensbeteiligungen) erweitert:

  • Erhöhung des Freibetrages von EUR 1.440 auf EUR 2.000;
  • Anhebung der KMU-Größenkriterien (nun bis zu 1.000 Mitarbeitern, bis zu EUR 100 Mio. Jahresumsatz und EUR 86 Mio. Bilanzsumme); diese müssen nun im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in einem der vorangegangenen sechs Jahre erfüllt worden sein;
  • Erweiterung des zeitlichen Kriteriums (die Gründung darf bis zu 20 Jahren zurückliegen);
  • Verlängerung des Long-Stop-Dates der Nachversteuerung von 12 Jahren auf 15 Jahre;
  • Möglichkeit eines weiteren Hinausschiebens der Versteuerung (insb. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) bei einer unwiderruflichen Haftungserklärung durch den Arbeitgeber.

Nicht umgesetzt wurde jedoch die diskutierte Konzernklausel; dies bedeutet, dass die gewährte Beteiligung weiterhin an dem Unternehmen des Arbeitgebers (d.h. nicht etwa an der Konzernholding) bestehen muss. In Praxis dürften die Anwendungsfälle von § 19a EStG in den klassischen strukturellen Mitarbeiterbeteiligungsstrukturen damit immer noch sehr stark eingeschränkt sein.

Mindeststeuerumsetzungsgesetz – Absenkung des Niedrigsteuersatzes der Hinzurechnungsbesteuerung

Neben dem neuen Mindeststeuergesetz wurden folgende Änderungen eingeführt:

  • Die Schwelle der Niedrigbesteuerung für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung im Außensteuergesetz wurde von 25% auf 15% abgesenkt; es wurden auch administrative Vereinfachungen zur Abgabe elektronischer Erklärungen eingeführt;
  • Die Definition der Niedrigbesteuerung für Zwecke der Lizenzschranke wurde von 25% auf 15% abgesenkt (anstatt der ursprünglich geplanten Abschaffung der Lizenzschranke).

Wachstumschancengesetz (laufendes Gesetzgebungsverfahren)

Die letzte Fassung des Wachstumschancengesetzes enthält neben den nun im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes umgesetzten Änderungen zahlreiche weitere Vorschläge, u.a. die Einführung einer Klimaschutz-Investitionsprämie, die Erweiterung der Verlustverrechnungsmöglichkeit, die Einführung verschärfender Vorschriften für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen oder Meldepflichten für rein nationale Steuergestaltungen. Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich nach wie vor im Vermittlungsausschuss; der konkrete Zeitplan für die weiteren Schritte ist aktuell nicht bekannt. Die Umsetzung der geplanten Änderungen bleibt somit vorerst unklar.

Fazit

Der gesetzgeberische „Endspurt“ des Jahres 2023 hat trotz viel Bewegung vergleichsweise wenige Änderungen in der Unternehmensbesteuerung mit sich gebracht (von der globalen Mindestbesteuerung einmal abgesehen). Die eingeführten Änderungen im Bereich der Zinsschranke (insb. die Ausweitung des Zinsbegriffs) stellen moderate Verschärfungen dar. Zu begrüßen ist insbesondere die schnelle gesetzgeberische Reaktion und die Implementierung der grunderwerbsteuerlichen Übergangsregelungen vor dem Hintergrund der MoPeG-Reform sowie die lang ersehnte Anpassung der Niedrigbesteuerungsschwelle im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung. Für Anfang 2024 bleibt insbesondere abzuwarten, ob die (verbliebenen) Änderungen aus dem Wachstumschancengesetz noch Eingang ins geltende Recht finden.

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