- Home
- Blogs
- Time for Tax
VAT in the Digital Age: EU-Kommission veröffentlicht weitreichenden Reformvorschlag (Teil 2)
Überschriften in diesem Beitrag
Weitere relevante Artikel
News: 08 April 2024
News: 27 March 2024
News: 07 March 2024
Allen & Overy berät Banken bei 500-Mio.-Euro-Anleihe mit Nachhaltigkeitsbezug von TUI
News: 20 February 2024
Allen & Overy berät Uniper bei Verkauf des ungarischen Gaskraftwerks Gönyű an Veolia
In dem letzten Beitrag haben wir einen Überblick über das vorgeschlagene Maßnahmenpaket gegeben und sind auf die neuen digitalen Meldepflichten und das geplante, verpflichtende E-Invoicing-System eingegangen. Nachfolgend sollen weitere Bereiche, auf die sich ViDA auswirken wird, betrachtet werden.
Neue, fiktive Leistungsketten für Plattformwirtschaft
Die Europäische Kommission vertritt die Auffassung, dass zwischen traditionellen Anbietern und Dienstleistern der Sharing Economy, insbesondere im Bereich der Personenbeförderung und der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften, keine gleichen Wettbewerbsbedingungen bestehen.
Vor diesem Hintergrund sollen ab dem 1. Januar 2025 für Plattformen in diesen Bereichen mittels umsatzsteuerlicher Fiktion eine Leistungskette neu eingeführt werden. Danach werden Unternehmer, die die Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder die Erbringung von Dienstleistungen der Personenbeförderung durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise einer Plattform, eines Portals oder dergleichen, unterstützen, zukünftig so behandelt, als hätten sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht. D.h. die Plattform muss dann dem Kunden über diese Leistungen Umsatzsteuer in Rechnung stellen und abführen, wenn der eigentlich Leistende keine Umsatzsteuer ausweist, weil er beispielsweise Privatperson ist oder die Sonderregelung für Kleinunternehmer in Anspruch nimmt.
Durch diese Neuregelungen werden sich entsprechende Leistungen verteuern, was auch dem Ziel der EU-Kommission entspricht, die angenommenen Wettbewerbsverzerrungen in diesen Bereichen zu verringern.
Single VAT Registration
Der Richtlinienvorschlag zielt auch darauf ab, Fallkonstellationen, in denen sich ein Unternehmer – außerhalb seines Sitzstaates – in einem anderen EU-Mitgliedstaates aufgrund grenzüberschreitender Umsätze für umsatzsteuerliche Zwecke zu registrieren hat, zu verringern. Ziel soll es sein, dass betroffene Unternehmen möglichst nur noch eine einzige umsatzsteuerliche Registrierung in ihrem Ansässigkeitsstaat haben und somit von Verwaltungskosten im Zusammenhang mit ausländischen Umsatzsteuerregistrierungen entlastet werden.
Zu diesem Zweck wird eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, die ab dem 1. Januar 2025 eingeführt werden sollen.
So soll insbesondere das One-Stop-Shop-System (OSS) bzw. das Import-One-Stop-Shop-System (IOSS), welches seit dem 1. Juli 2021 für bestimmte Fernverkäufe und sonstige Leistungen zur Anwendung kommt, auf weitere Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeweitet werden. Danach könnten beispielsweise innergemeinschaftliche Verbringungen von eigenen Waren eines Unternehmens unter dem OSS-Verfahren gemeldet werden, was derzeit nicht möglich ist. Dadurch entfiele für Unternehmen die Notwendigkeit, sich in allen EU-Mitgliedstaaten, in die eigene Waren versandt werden, umsatzsteuerlich zu registrieren. Darüber hinaus soll das IOSS-System verpflichtend zur Anwendung kommen.
Weiterhin werden die Regelungen zur Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf den unternehmerischen Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Mechanismus) deutlich ausgeweitet. So soll die Steuerschuld ab dem 1. Januar 2025 prinzipiell bei allen grenzüberschreitenden B2B-Leistungen (d.h. Lieferungen und Dienstleistungen), auf den Leistungsempfänger übergehen, sofern der leistende Unternehmer im Bestimmungsland nicht ansässig ist, der Leistungsempfänger aber dort für umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist.
Und schließlich soll die bislang bestehende Lieferkettenfiktion für Online-Plattformen mit Drittlandbezug auf alle entsprechenden Lieferungen innerhalb der EU ausgedehnt werden.
Ausblick und Handlungsbedarf
Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Regelungen ist es erforderlich, dass alle EU-Mitgliedsstaaten dem Richtlinienentwurf zustimmen. Die EU-Kommission hat dem Vernehmen nach ihren Reformvorschlag bereits mit den Mitgliedsstaaten erörtert, wobei fundamentale Einwände bisher nicht vorgebracht worden sein sollen. Folglich ist man auf Ebene der Kommission zuversichtlich, noch in 2023 eine Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu erreichen, da die ersten Änderungen bereits zum 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen.
Die Neuregelungen betreffen nahezu jedes Unternehmen, unabhängig von Branche und Geschäftsmodell. Die Konsequenzen der geplanten Änderungen sind weitreichend und ihre Umsetzung erfordert eine vorausschauende Planung. Insbesondere das obligatorische E-Invoicing sowie die transaktionsnahen digitalen Meldepflichten machen umfangreiche Anpassungen in den IT-Systemen notwendig.