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Covid-19 Coronavirus: Rettungsschirm für betroffene Unternehmen ist aufgespannt

Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds – Staatliche Garantien und Beteiligungen bis zu 500 Milliarden Euro möglich

Der Bundesrat hat heute dem vom Deutschen Bundestag am 25. März 2020 verabschiedeten Entwurf eines Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetzes (WStFG) zugestimmt. Damit kann das WStFG in Kraft treten. Es ist damit zu rechnen, dass dies jetzt sehr kurzfristig geschieht.

Mit dem WStFG sollen Unternehmen der Realwirtschaft vor den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie geschützt werden. Unternehmen des Finanzsektors sind nicht antragsbefugt. Ein Unternehmen, das von Stabilisierungsmaßnahmen profitieren will, muss in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren vor dem 1. Januar 2020 mindestens zwei der drei folgenden Schwellenwerte überschritten haben: (i) eine Bilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro, (ii) Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro sowie (iii) im Jahresdurchschnitt mehr als 249 Arbeitnehmer (Schwellenwerte der KMU-Definition gemäß EU-Recht). Im Einzelfall können aber auch kleinere Unternehmen, die diese Schwellenwerte nicht erreichen, von Stabilisierungsmaßnahmen profitieren, soweit es sich um Unternehmen handelt, die für die kritische Infrastruktur wichtig sind. Eine weitere Ausnahme wird es unter bestimmten Voraussetzungen für Startups geben.

Das Maßnahmenpaket des neuen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF oder der Fonds) umfasst Garantien in einer Gesamthöhe von bis zu 400 Milliarden Euro und einer Laufzeit von bis zu 60 Monaten für Schuldtitel und Verbindlichkeiten, die ab Inkrafttreten des Gesetzes begeben bzw. begründet werden.

Darüber hinaus kann der WSF zur Stärkung der Kapitalbasis angeschlagener Unternehmen Anteile, stille Beteiligungen oder sonstige Bestandteile des Eigenkapitals übernehmen sowie Genussrechte und Schuldverschreibungen zeichnen – vorausgesetzt, dass hierfür ein wichtiges Interesse des Bundes besteht und der angestrebte Zweck sich nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt. Hierfür stehen dem WSF insgesamt 100 Milliarden Euro zur Verfügung.

Stabilisierungsmaßnahmen sind bis zum 31. Dezember 2021 möglich. Für Rekapitalisierungsmaßnahmen ist keine zeitliche Begrenzung vorgesehen.

Die Leistungen des WSF stehen neben den 100 Milliarden Euro für Liquiditätshilfen, die über die KfW bereitgestellt werden sollen. Sie werden an bestimmte Auflagen und Bedingungen geknüpft werden, die abhängig von Art und Adressat der Stabilisierungsmaßnahme variieren können. Die einzelnen Bedingungen (die unter anderem die Verwendung der erhaltenen Mittel, die Vergütung einzelner Organe oder die Ausschüttung von Dividenden betreffen können) werden mittels Rechtsverordnung festgesetzt. 
Um die Durchführung von Rekapitalisierungsmaßnahmen zu erleichtern, sieht das Gesetz zahlreiche Ausnahmen von den anderenfalls anwendbaren gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Vorschriften vor. Bei Aktiengesellschaften werden die Mehrheitserfordernisse für Kapitalmaßnahmen und den Ausschluss des Bezugsrechts (auch unter Durchbrechung anderslautender Satzungsregeln) deutlich abgesenkt und die Möglichkeit der Ausgabe von Aktien unter dem Börsenpreis (nicht jedoch unter dem Nennbetrag) ermöglicht. Darüber hinaus werden die Volumengrenzen für genehmigtes und bedingtes Kapital aufgehoben, um den Unternehmen mehr Spielraum zu ermöglichen. Beschlüsse der Hauptversammlung sind – wenn nicht offensichtlich nichtig – unverzüglich in das Handelsregister einzutragen. Anfechtungsklagen und Anträge auf einstweilige Anordnungen stehen der Eintragung nicht entgegen. Falls und solange aufgrund einer Pandemie die Minimierung sozialer Kontakte behördlich verbindlich vorgeschrieben ist, gilt die Eintragung sieben Tage nach Einreichung als bewirkt, wenn nicht das Register zuvor Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit oder Vollständigkeit der Unterlagen geäußert hat. Aktionären, die solche Beschlüsse rechtsmissbräuchlich anfechten, droht darüber hinaus das scharfe Schwert einer Pflicht zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft. Für die Rekapitalisierung von Gesellschaften anderer Rechtsform gibt es vergleichbare Erleichterungen.

Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangebote des Bundes bzw. des Fonds unterliegen ebenfalls zahlreichen Erleichterungen. Die Mindestannahmefrist beträgt lediglich zwei Wochen, die Mindestgegenleistung muss lediglich dem gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der zwei Wochen vor Bekanntgabe oder Bekanntwerden der Angebotsabsicht entsprechen oder, wenn niedriger, dem gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs im Zeitraum vom 1. bis zum 27. März 2020. Erreicht oder überschreitet der Bund oder der Fonds 30 % der Stimmrechte, hat ihn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom Pflichtangebot zu befreien. Abgestimmtes Verhalten zwischen Aktionären und dem Bund bzw. dem Fonds in Bezug auf Stabilisierungsmaßnahmen führt nicht zur Zurechnung der jeweiligen Stimmrechte. Eine Finanzierungsbestätigung ist nicht erforderlich. In Bezug auf Verfahren und Dokumentation gelten weitere Erleichterungen.

Der Squeeze-out von Minderheitsaktionären ist ab einer Beteiligung in Höhe von 90% des Grundkapitals möglich. Auch bei der GmbH wird der Ausschluss von Gesellschaftern gegen Abfindung möglich.

Rechtshandlungen im Zusammenhang mit Stabilisierungsmaßnahmen sind anfechtungsfest. Gesellschafterdarlehen des Bundes oder des Fonds sind in der Insolvenz nicht nachranging zu befriedigen. Diese Privilegierungen gehen auch auf einen Rechtsnachfolger über, der in die Rechte und Pflichten in Bezug auf die privilegierte Forderung eintritt.