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Covid-19: Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – Was Investoren von außerhalb der Europäischen Union jetzt wissen müssen

Ausländische Investoren, die in den nächsten Wochen oder Monaten ein deutsches Unternehmen erwerben wollen, sollten folgendes berücksichtigen:
  • Die Regelungen über die Investitionsprüfung gelten weiterhin. Dabei unterscheidet das deutsche Recht drei Kategorien.
  • Die erste Kategorie bilden Unternehmen im Bereich der Rüstungswirtschaft sowie im Bereich der Verschlüsselungstechnologien (sog. sektorspezifische Prüfung). Hier muss jeder direkte oder indirekte Erwerb von 10 % oder mehr der Stimmrechte durch einen nicht-deutschen Investor beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) angemeldet werden. Das deutsche Recht sieht hier einen Suspensiveffekt vor, d.h. der Erwerb der Anteile wird erst nach ausdrücklicher Freigabe der Transaktion wirksam.
  • Die zweite Kategorie bilden deutsche Unternehmen, die im Bereich der kritischen Infrastrukturen tätig sind. Hier muss jeder direkte oder indirekte Erwerb von 10 % oder mehr der Stimmrechte durch einen Nicht-EU / Nicht-EFTA Investor beim BMWi angemeldet werden. Es gibt nach aktueller Rechtslage aber keinen Suspensiveffekt, d.h. die Transaktion kann auch vor erfolgter Freigabe abgeschlossen werden (freilich mit dem Risiko nachträglicher Anordnungen).
  • Die dritte Kategorie, die sog. sektorübergreifende Prüfung, bilden alle weiteren deutschen Unternehmen, deren Tätigkeit von Relevanz für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist. Erwirbt ein Nicht-EU / Nicht-EFTA Investor direkt oder indirekt 25 % oder mehr der Stimmrechte an einem solchen Unternehmen, kann das BMWi innerhalb von fünf Jahren ab Signing von Amts wegen eine Prüfung des Erwerbsvorgangs einleiten. Der Investor kann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen, um zu vermeiden, dass das BMWi von seiner Prüfungsbefugnis zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch macht.
  • Im Januar 2020 hat die Bundesregierung eine Novelle des Außenwirtschaftsrechts angekündigt. Der Referentenentwurf sieht unter anderem vor, den Prüfungsmaßstab zu ändern: Nach aktueller Rechtslage prüft das BMWi, ob durch die Übernahme eine tatsächliche Gefährdung mit dem Erwerb von Stimmrechten verbunden ist, künftig soll der Entscheidungsspielraum auf solche Fälle erweitert werden, bei denen eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ erkannt wird.

    Für die Praxis ungleich relevanter erscheint die Absicht der Bundesregierung, den Anwendungsbereich des Suspensiveffekts auszudehnen. Der Supsensiveffekt soll für alle meldepflichtigen Transaktionen gelten. Das sind derzeit die Fälle der zweiten Kategorie (kritische Infrastrukturen). Diese Kategorie dürfte jedoch noch ausgedehnt werden. Die Bundesregierung hat zwischenzeitlich angekündigt, einen Katalog kritischer Technologien zu definieren, der insbesondere die Sektoren Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Biotechnologie, Quantentechnologie umfassen soll. Es wird daher künftig mehr Fälle geben, in denen vor Closing zwingend eine Freigabe eingeholt werden muss. Das Inkrafttreten der Novelle, das für spätestens Oktober 2020 erwartet wird, dürfte also zu einer Verlängerung der Closing-Prozesse führen, zumal ab dem 11. Oktober 2020 auch die unionsweiten Koordinierungsmechanismen gemäß der EU-Screening-Verordnung 2019/452 zu verlängerten Freigabeverfahren führen dürften.

    Sofern ausländische Investoren den Einstieg oder die Übernahme deutscher Unternehmen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund möglicher wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie beabsichtigen, dürften kurzfristige Entscheidungen von Vorteil sein, die ein möglichst zeitnahes Closing sicherstellen.
  • Die Corona-Pandemie könnte zudem Einfluss auf die Interpretation des bestehenden Rechtsrahmens haben. Bereits in den vergangenen Jahren war zu beobachten, wie das Verständnis insbesondere des Begriffs der „öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ im Sinne der dritten Kategorie zunehmend ausgeweitet wurde. Die Corona-Pandemie könnte diese Tendenz verstärken, so dass künftig auch Unternehmen etwa im Bereich der Textilbranche in den Fokus rücken, weil diese möglicherweise geeignet erscheinen, einen relevanten Beitrag zur Herstellung von persönlicher Schutzausrüstung zu liefern. Anhaltspunkte für relevante Güter könnte die Anordnung von Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr  mit bestimmten Gütern vom 12. März 2020 (BAnz. AT 12.03.2020 B1) liefern.

  • Letztlich wird zu beachten sein, dass die Corona-Pandemie schon jetzt zu Verzögerungen in der Bearbeitung von Anmeldungen führen kann. Welche Auswirkungen auf den Gesetzgebungsprozess entstehen, lässt sich derzeit noch nicht absehen.

Fazit

Die Corona-Pandemie wird auch im Recht der Investitionsprüfung ihre Spuren hinterlassen. Entscheidend für den Erfolg künftiger Transaktionen ist, diese Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen. A&O beobachtet die aktuellen Entwicklungen sehr genau. Wir beraten zum Recht der Investitionsprüfungen seit vielen Jahren. Unseren breiten Erfahrungsschatz und unsere enge Arbeitsbeziehung zu mit zuständigen Entscheidungsträgern setzen wir gerne im Interesse unserer Mandanten ein. 

 

Hinweis: Zur aktuellen Novellierung des spanischen Rechts der Investitionsprüfung finden sich Informationen hier.