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Umsatzsteuerlicher Status von Beiräten und anderen Gremienmitgliedern

Die in 2021 eingetretenen Änderungen bei der Umsatzsteuerbesteuerung von Aufsichtsräten sind Gegenstand verschiedener Verlautbarungen der deutschen Finanzverwaltung. Trotz der zwischenzeitlich erzielten Klarstellungen bleiben Fragen, insbesondere im Zusammenhang mit dem umsatzsteuerlichen Status von Beiräten und anderen Gremienmitgliedern. Hierauf sollten Unternehmen ihren Augenmerk richten.

Ausgangspunkt

Zur Frage, wann die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds als unternehmerisch bzw. nichtunternehmerisch zu beurteilen ist und damit potentiell der Umsatzsteuerbesteuerung unterliegt, hat die Finanzverwaltung – als Ausfluss einer geänderten Rechtsprechung – in 2021 und 2022 in verschiedenen Verlautbarungen Stellung genommen (vgl. hierzu unseren weiteren Blog Post zum Thema). Nicht abschließend geklärt ist indes, für welche Gremienmitglieder – neben Aufsichtsräten – die neuen Regeln Anwendung finden.

Umsatzsteuerlicher Status von Beiräten und anderen Gremienmitgliedern?

Aus umsatzsteuerlicher Sicht steht immer die Frage im Vordergrund, wann ein Beirat bzw. ein anderes Gremiumsmitglied in Ausübung seiner Funktion als selbständig anzusehen ist.

Dabei ist zum einen die Sicht der Finanzverwaltung und zum anderen die der einschlägigen Rechtsprechung zu berücksichtigen.

Nach Maßgabe der Finanzverwaltung sollen die neuen Regelungen zur Abgrenzung des umsatzsteuerlichen Status auch „für Mitglieder von anderen Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen“ gelten. Hiervon können insbesondere Beiräte erfasst sein, die in unterschiedlichen Konstellationen – insbesondere auch bei der Vertretung von Gesellschafterstämmen – in Unternehmen eingerichtet sind. So hat die Finanzverwaltung im Zuge der vorgenommenen Klarstellungen zum umsatzsteuerlichen Status von Aufsichtsräten auch die bisherige Regelung im Umsatzsteueranwendungserlass gestrichen, wonach ein Kommanditist, der als Mitglied eines Beirates tätig war, dem vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen waren, gegenüber der Gesellschaft selbständig tätig wurde.

Die Regelungen zur Besteuerung von Aufsichtsräten können danach jedenfalls dann analog Anwendung finden, wenn das konkrete Organ bzw. der Beirat gesellschaftsvertraglich so ausgestaltet ist, dass es – im Hinblick auf seine geschäftsführungskontrollierende Funktion – einem aktienrechtlichen Aufsichtsrat vergleichbar ist.

Dies eröffnet in der Praxis eine Reihe von Abgrenzungsfragen und es ist jeweils zu beurteilen, wann eine echte Kontrollmöglichkeit der Geschäftsführung angenommen werden kann bzw. wann davon abweichend durch ein Gremienmitglied lediglich eine beratende und vermittelnde Funktion ausgeübt wird. Eine Prüfung kann in der Praxis nur auf Grundlage der konkret zugewiesenen Aufgaben und Kontrollmöglichkeiten erfolgen.

Neben der Sicht der Finanzverwaltung gilt es, die Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex zu beachten. Danach finden die Grundsätze der Rechtsprechung von EuGH und BFH, zur Besteuerung von Aufsichtsräten, auch für andere Tätigkeiten von Leitungsgremien Anwendung. Dies verdeutlichten zwei Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG Niedersachsen, Urteil vom 08.10.2020 – 5 K 162/19) und des FG Hamburgs (FG Hamburg, Urteil vom 8.9.2020 – 6 K 131/18), wonach das Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Berufskammer dann nicht als umsatzsteuerlicher Unternehmer qualifizieren soll, wenn es neben festen monatlichen Zahlungen auch Sitzungsgelder und Reiskostenerstattung erhält. Entscheidend für eine Einordnung sei zudem, ob das Mitglied im Rahmen seiner Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig wird, wie das entsprechende Gremium Entscheidungen trifft (individuell durch das Mitglied oder im Kollektiv) und in welcher Form das Gremiumsmitglied für sein Handeln individuell in Haftung genommen werden kann.

Eine höchstrichterliche Entscheidung steht indes zu diesem Themenkomplex noch aus. Auch bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung mit dieser Rechtsprechungsentwicklung umgehen wird.

 

Was ist zu tun?

Neben der Prüfung der bisherigen umsatzsteuerlichen Behandlung der Vergütungen von Aufsichtsräten, sollten Unternehmen ihre Strukturen dahingehend überprüfen, ob es weitere Gremien oder Beiräte gibt, für welche entweder die Sicht der Finanzverwaltung oder aber die Grundsätze der Rechtsprechung von Relevanz sein könnten. Sofern dies der Fall ist, muss für die einzelnen Mitglieder dieser Gremien eine vergleichbare Prüfung des Einzelfalls wie bei einem Aufsichtsrat vorgenommen werden.

Nur so kann vermieden werden, dass diese als Nicht-Unternehmer qualifizieren und dem Unternehmen unberechtigt Umsatzsteuern in Rechnung stellen, für die auf Ebene des Unternehmens ein Vorsteuerabzug nicht zulässig wäre. Dabei könnten neben dem Vergütungsrisiko auch weiteren Kriterien heranzuziehen sein. Stets gilt es danach im Einzelfall abzuwären, ob noch eine selbständige, und damit unternehmerische Tätigkeit angenommen werden kann.

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