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Steuerliche Fallstricke i.Z.m. Restrukturierungen: Befreiende Schuldübernahme

In dem letzten Beitrag ist die Stärkung der Aktivseite durch Vornahme einer Zusage auf Einzahlung in die Kapitalrücklage behandelt worden. In diesem Beitrag soll es um die Bereinigung der Passivseite durch eine befreiende Schuldübernahme gehen.

Grundsätzliches

Im Rahmen einer befreienden Schuldübernahme bestehen sowohl die Verbindlichkeit als auch die Forderung fort, die Verbindlichkeit wird jedoch von einem anderen übernommen. Konsequenz einer solchen Schuldübernahme ist, dass der Gläubiger einen neuen Schuldner erhält und der bisherige Schuldner von der Verbindlichkeit vollumfänglich befreit wird. 

 

Vorgehen

Um das gewünschte Ziel zu erreichen, sind zivilrechtlich folgende Schritte vorzunehmen:

Der Neuschuldner schließt mit dem Altschuldner einen Schuldübernahmevertrag gem. § 415 Abs. 1 BGB. Dieser Schuldübernahmevertrag muss unter Ausschluss jeglicher Rückgriffs- bzw. Regressansprüche in Bezug auf die zu übernehmende Schuld erfolgen.
Der Gläubiger stimmt der Schuldübernahme – nach Abschluss des Schuldübernahmevertrages – zu.

Bilanziell führt der Abschluss des Schuldübernahmevertrages – die Werthaltigkeit des Freistellungsanspruches vorausgesetzt – zum Entstehen einer Forderung auf Ebene des Altschuldners. Dieser bucht wie folgt:

Forderung aus Freistellungsanspruch an Ertrag

Erfolgt anschließend die Genehmigung durch den Gläubiger, ist die Verbindlichkeit erfolgsneutral gegen den Freistellungsanspruch auszubuchen:

Verbindlichkeiten an Forderung aus Freistellungsanspruch

Im Ergebnis ist somit der Altschuldner von der Verbindlichkeit „befreit“.

 

Steuerliche Konsequenzen

Aus steuerlicher Sicht stellt die Aktivierung des Freistellungsanspruchs eine verdeckte Einlage dar, die – eine vollständige Werthaltigkeit des Freistellungsanspruches vorausgesetzt – geeignet ist, den handelsbilanziellen Ertrag außerbilanziell zu neutralisieren.

Die Verbindlichkeit besteht auf Ebene des Altschuldners zunächst fort. Erst mit Zustimmung der Gläubiger würde der Altschuldner von der Verbindlichkeit „befreit“ und es würde zu einer Aufrechnung der Forderung aus dem Freistellungsanspruch gegen die noch bilanzierte Verbindlichkeit kommen.

In der Praxis ist zu beobachten, dass derartige Gestaltungen in Betriebsprüfungen oftmals aufgegriffen werden und die Steuerneutralität in Frage gestellt wird.

So wird häufig das wirksame Entstehen des Freistellungsanspruches angezweifelt. Gerade in Konzernkonstellationen wird oftmals argumentiert, dass die Zustimmung des Gläubigers zur Schuldübernahme nach Abschluss der Schuldübernahmevereinbarung nicht nachvollziehbar oder die Schuldübernahme nicht unbedingt und unter Ausschluss jeglicher Regressforderungen erfolgt sei. Auf Grundlage dieser Argumentation wird das wirksame Entstehen eines Freistellungsanspruches in Frage gestellt.

Daneben wird mitunter angeführt, dass eine solche Schuldübernahme eigentlich nur einen verkappten Forderungsverzicht darstellt und folglich als Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO zu qualifizieren ist. Entsprechend werden die unliebsamen steuerlichen Konsequenzen eines Forderungsverzichtes gezogen.

Der BFH hat im Rahmen eines nicht amtlich veröffentlichten Beschlusses (BFH 20. 12. 2001 – I B 74/01, BFH/NV 2002, 678) im Zusammenhang mit der regresslosen Schuldübernahme jedoch Folgendes entschieden:

„Indem der Gesellschafter der Klägerin deren Darlehensschuld bei der Bank ablöste, wurde diese von der entsprechenden Verbindlichkeit befreit. Die Verbindlichkeit war auszubuchen und mit dem zu aktivierenden Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter infolge der Schuldübernahme (…) aufzurechnen. Der Vorgang ist gewinnneutral. Ein Verzicht des Gesellschafters auf Regressforderungen liegt darin nicht, weil die Schuldübernahme nach den für ein nachfolgendes Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) von vornherein unbedingt und unter Ausschluss jeglicher Rückgriffsansprüche erklärt worden war. Solche Ansprüche konnten sonach auch nicht entstehen. Der Freistellungsanspruch wurde deshalb in entsprechendem Umfang in die Klägerin eingelegt (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG).“

Nach Ansicht des BFH sind derartige Gestaltungen daher anzuerkennen. Um das Risiko einer steuerlichen Nichtanerkennung zu reduzieren, ist unbedingt darauf zu achten, die Schuldübernahme ganz eng an den Grundsätzen des BFH-Beschlusses auszugestalten. Zudem kann es sinnvoll sein, für die befreiende Schuldübernahme vorab eine verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt einzuholen.

Zudem ist insgesamt darauf zu achten, dass die Schuldübernahme auf Ebene des Neuschuldners nicht zu steuerlich abzugsfähigem Aufwand führt, da in diesem Fall das Risiko besteht, dass eine Steuerneutralität auf Grundlage des steuerlichen Korrespondenzprinzips zu versagen wäre.

 

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