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Diskussionsentwurf des BMF zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar 2)

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Diskussionsentwurf des BMF zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar 2)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 20. März 2022 den Diskussionsentwurf eines Gesetzes für die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung in Deutschland veröffentlicht. Der Entwurf sieht eine Umsetzung im Rahmen eines eigenen Gesetzes, dem Mindeststeuergesetz, vor.

Hintergrund

Am 15. Dezember 2022 haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf die Richtlinie (EU) 2022/2523 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union geeinigt. Die EU-Richtlinie ist bis zum 31. Dezember 2023 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen und soll erstmalig für Wirtschaftsjahre ab 2024 Anwendung finden.

Der nunmehr vorliegende Diskussionsentwurf für das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz dient der Umsetzung dieser EU-Richtlinie in deutsches Recht. Wie bereits erwartet, soll die Umsetzung in einem eigenständigen Gesetz, dem Mindeststeuergesetz (MinStG), erfolgen. Die vorgesehenen Regelungen orientieren sich eng an der EU-Richtlinie sowie den OECD Model Rules.

Inhalt

In den Anwendungsbereich des MinStG sollen alle Unternehmensgruppen fallen, deren konsolidierte Umsatzerlöse jährlich mindestens EUR 750 Mio. in zwei der jeweils letzten vier Konzernabschlüsse der obersten Muttergesellschaften betragen. Erfasst werden sowohl international als auch national tätige Unternehmensgruppen, wobei eine 5-jährige Steuerbefreiung für Unternehmensgruppen mit untergeordneter internationaler Tätigkeit vorgesehen ist. Eine entsprechende untergeordnete internationale Tätigkeit ist gegeben, wenn die Unternehmensgruppe (1) über Geschäftseinheiten in nicht mehr als sechs Steuerhoheitsgebieten verfügt und (2) der Gesamtwert aller materiellen Vermögenswerte der Geschäftseinheiten, die nicht im Referenzsteuerhoheitsgebiet belegenden sind, EUR 50 Mio. nicht übersteigt.

Zur Umsetzung der Mindestbesteuerung sind verschiedene Mechanismen vorgesehen.

  • Primärergänzungssteuerregelung (PES; vergleichbar der „Income Inclusion Rule“): Mittels der PES wird auf Ebene der obersten Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe und ggf. einer zwischengeschalteten Muttergesellschaft ein Ergänzungssteuerbetrag erhoben.
  • Sekundärergänzungssteuerregelung (SES; vergleichbar der „Undertaxed Profit Rule“): Die SES gilt subsidiär zu der PES und kommt zum Tragen, sofern eine Mindestbesteuerung nicht bereits durch die Anwendung der PES erreicht wird.
  • Nationalen Ergänzungssteuerregelung (NES; vergleichbar der „Qualified Domestic Top-up Tax“): Im Fall einer Niedrigbesteuerung in Deutschland, wird mittels der nationale Ergänzungssteuer ein auf Deutschland entfallener Steuerbetrag erhoben.

Die Berechnung eines Steuererhöhungsbetrages erfolgt länderbezogen und mehrstufig. Sie bemisst sich anhand des effektiven Steuersatzes in einem Land, unter Einbeziehung sämtlicher in einem Land ansässigen Geschäftseinheiten. Der effektive Steuersatz pro Land wird durch das Verhältnis des Gesamtbetrages der angepassten erfassten Steuern zu dem Gesamt-Mindeststeuer-Gewinn ermittelt. Liegt der effektive Steuersatz in einem Land unterhalb von 15 %, soll eine Nachbesteuerung mittels Ergänzungssteuer bis zum Mindeststeuersatz entsprechend erfolgen.

Grundlage für die Berechnung ist der für das Geschäftsjahr ermittelte Jahresüberschuss (II) oder Jahresfehlbetrag (II) nach anerkannten Rechnungslegungsstandards für die einzelnen Geschäftseinheiten, basierend auf der Handelsbilanz II (d.h. der konsolidierungsfähige und an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichene Einzelabschluss vor Konsolidierungsanpassungen und Zwischenergebniseliminierungen). Das Ergebnis unterliegt im Rahmen der Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns bzw. Mindeststeuer-Verlustes einigen Anpassungen, wie z.B. der Kürzung von Dividendenerträgen, der Hinzurechnung des Gesamtsteueraufwands und der Anpassung um Gewinne und Verluste aus Eigenkapitalbeteiligungen. Daneben bedarf es der Ermittlung der sog. angepassten erfassten Steuern. Diese ergeben sich aus den in dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag II erfassten laufenden Steuern, angepasst um entsprechend vorgesehene Anpassungsbeträge, wie den sog. angepassten latenten Steuern.

Der Entwurf enthält eine Reihe gesonderter Regelungen für Unternehmensumstrukturierungen und Beteiligungsstrukturen sowie Besonderheiten bei der obersten Muttergesellschaft (u.a. oberste Muttergesellschaft als transparente Gesellschaft), Ausschüttungsregimen und Investmenteinheiten.

Im Wesentlichen entspricht das in dem Entwurf vorgesehene Ermittlungsschema dem der EU-Richtlinie und der OECD Model Rules.

Darüber hinaus sieht der Entwurf Vereinfachungsregelungen vor, wie u.a. eine Safe-Harbour-Regelung bei anerkannter nationaler Ergänzungssteuer, Vereinfachungen im Rahmen der Berechnung des Mindeststeuer-Gewinns und der angepassten erfassten Steuern für sog. unwesentliche Geschäftseinheiten sowie zeitlich befristete Safe Harbour (sog. CbCR-Safe-Harbour). Für die Praxis besonders bedeutsam dürften die CbCR-Safe-Harbour-Regelungen sein. Im Rahmen dieser Regelungen wird eine Ergänzungssteuer auf Antrag in einem Land auf EUR 0 festgesetzt, wenn für dieses Land in dem betreffenden Wirtschaftsjahr einer von drei Tests erfüllt ist. Die Durchführung dieser Tests erfolgt im Wesentlichen auf Basis der Daten aus einem sog. qualifizierten Country by Country Reporting. Der CbCR-Safe-Harbour gilt als erfüllt, wenn

  • der Umsatz für ein Land nach den CbCR-Regeln weniger als EUR 10 Mio. und der Gewinn vor Steuern weniger als EUR 1 Mio. beträgt („De minimis test“) oder
  • der vereinfacht ermittelte effektive Steuersatz in einem Land größer oder gleich dem sog. Übergangssteuersatz (2024: 15 %; 2025: 16 %; 2026: 17 %) ist („Simplified ETR test“) oder
  • der CbCR-Gewinn (Verlust) vor Steuern in einem Land gleich oder kleiner als der substanzbasierte Freibetrag ist („Routine profits test“).

Insbesondere die CbCR-Safe-Harbour-Regelungen können für den Übergangszeitraum eine enorme Erleichterung für Unternehmen darstellen, wobei lediglich der De minimis test ausschließlich auf Basis der CbCR-Daten erfolgen kann. Sowohl für den Simplified ETR test als auch für den Routine profits test werden weitere – über das CbCR-Reporting hinausgehende – Daten benötigt (wie z.B. die vereinfacht erfassten Steuern inklusive latenter Steuern oder die berücksichtigungsfähigen Lohnkosten).

Grundsätzlich ist jede Geschäftseinheit zur Abgabe eines Mindeststeuer-Berichts an das Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) verpflichtet. Bei mehreren steuerpflichtigen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe, kann eine dieser Geschäftseinheiten im Auftrag der übrigen Geschäftseinheiten den Mindeststeuer-Bericht übermitteln. Der Bericht soll eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Auflistung aller Geschäftseinheiten (inkl. deren Steuernummern sowie deren Qualifikation im Sinne dieser Regelungen), eine Übersicht über die Konzernstruktur der Unternehmensgruppe, die notwendigen Angaben zu Berechnung sowie eine Auflistung ausgeübter Wahrechte beinhalten. Eine entsprechende Verpflichtung entfällt, wenn der Mindeststeuer-Bericht von der obersten Muttergesellschaft bzw. einer von ihr zur Übermittlung beauftragten Geschäftseinheit in ihrem jeweiligen Belegenheitsstaat abgegeben wurde und ein Austausch, auf Basis einer völkerrechtlichen Vereinbarung, mit den Finanzverwaltungen anderer Staaten erfolgt. Der Bericht ist für das erste Jahr 18 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres an das BzSt zu übermitteln; in den nachfolgenden Jahren ist eine Übermittlung innerhalb von 15 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres vorzunehmen. Sofern ein Mindeststeuer-Bericht vorsätzlich oder leichtfertig nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt wird, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Höhe der Geldbuße ist in dem Entwurf noch nicht bestimmt. Ein Transitional Penalty Relief, wie es die OECD für den Übergangszeitraum vorsieht, ist in dem Entwurf nicht enthalten.

Neben der Pflicht zur Abgabe eines Mindeststeuer-Berichts, hat jede Geschäftseinheit für das Geschäftsjahr eine Steuererklärung einzureichen und die Steuer eigenständig zu ermitteln (Steueranmeldung). Zur Zentralisierung des Besteuerungsverfahrens stellt der Entwurf in diesem Zusammenhang auf eine sog. Mindeststeuergruppe ab, deren Gruppenträger eine Steuererklärung für die Mindeststeuergruppe abzugeben hat. Eine solche Mindeststeuergruppe entsteht, wenn innerhalb einer Unternehmensgruppe mehrere steuerpflichtige Geschäftseinheiten vorhanden sind.

In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass für das Besteuerungsverfahren die Vorschriften der Abgabenordnung gelten, sofern nicht gesondert geregelt (z. B. Festsetzungsverjährung und Bestandskraft).

Ausblick und Handlungsbedarf

Mit der Veröffentlichung des Diskussionsentwurfs für ein MinStG nimmt die globale Mindestbesteuerung in Deutschland Form an. Der Gesetzgeber verfolgt dabei das Ziel, schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegen zu wirken. Bei einer Umsetzung geht das BMF gegenwärtig von steuerlichen Mehrergebnissen im einstelligen Milliardenbereich (in Euro) pro Jahr aus.

Bis zum 21.04.2023 können Anmerkungen zu dem veröffentlichen Entwurf eingereicht werden. Die Primärergänzungssteuer soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.12.2023 beginnen, Anwendung finden und die Sekundärergänzungssteuer soll entsprechend erstmals ein Jahr später für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.12.2024 beginnen, gelten.

Insbesondere die CbCR-Safe-Harbour-Regelungen dürften für den Übergangszeitraum eine wesentliche Erleichterung darstellen. Erforderlich ist aber auch in diesem Fall, dass die benötigten Daten – insbesondere soweit sie über die für das CbCR hinausgehen – tatsächlich zur Verfügung stehen.

Schließlich verdeutlicht der Umfang des nun vorliegenden Diskussionsentwurfs des BMF von 242 Seiten einmal mehr die Komplexität des Vorhabens und die Notwendigkeit für betroffene Unternehmen, sich frühzeitig mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.