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Aktualisierte Ländererlasse zu § 6a GrEStG veröffentlicht – Positive praktische Auswirkungen für Konzernstrukturen
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Praktischer Hintergrund der Regelung des § 6a GrEStG und bisherige Erlasslage
Die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel spielte noch bis vor wenigen Jahren in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle, da die Finanzverwaltung die Vorschrift inhaltlich sehr zweifelhaft (Stichwort: „Verbunderfordernis“) und zudem äußerst eng ausgelegt hatte. Der BFH hat hier mit einer Reihe vielbeachteter Entscheidungen im Sommer 2019 deutliche Erleichterungen gebracht, indem er insbesondere den von der Verwaltung angewandten Verbundbegriff als nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt ansah und auch die enge Anwendung der Vorbehaltensfristen weitestgehend ablehnte. Die Finanzverwaltung hatte diese Rechtsprechung zwar grundsätzlich akzeptiert, in den entsprechenden Ländererlassen zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 22. September 2020 aber in mehreren Punkten weiterhin eine sehr restriktive Auffassung vertreten, die eine möglichst rechtssichere Handhabung der Konzernklausel nach wie vor schwierig macht.
Insbesondere hatte die Finanzverwaltung weiter die Auffassung vertreten, dass immer nur das in der jeweiligen Beteiligungskette oberste Unternehmen, welches die Voraussetzungen des § 6a Satz 4 GrESt – also insbesondere die Mindestbeteiligungshöhe von 95% – erfüllt, das maßgebliche herrschende Unternehmen ist. Dies ist praktisch ganz erheblich, da die Erfüllung der 5-jährigen Nachbehaltensfrist bei tief gestaffelten Holdingstrukturen (ggf. über mehrere Jurisdiktionen) erhebliche Einschränkungen mit sich bringt, auf geänderte rechtliche oder operative Anforderungen durch konzerninterne Umstrukturierungen reagieren zu können. Dies gilt umso mehr, da § 6a GrEStG keinen Grundstücksbezug, sondern einen reinen Beteiligungsbezug aufweist und die Nachbehaltensfrist über die gesamte Kette daher auch nach Abverkauf der deutschen Grundstücke weiterhin eingehalten werden muss, wenn nicht Grunderwerbsteuer ausgelöst werden soll.
BFH-Urteil zur Bestimmung des „herrschenden Unternehmens“ vom 28. September 2022
Der BFH hatte nun in einer viel beachteten Entscheidung Ende 2022 (Urteil vom 28. September 2022 - II R 13/20) entschieden, dass das herrschende Unternehmen abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung nicht aus dem Blickwinkel des „Konzerns“, sondern aus dem Blickwinkel des jeweiligen Umwandlungsvorgangs (bzw. vergleichbaren Vorgangs) zu beurteilen ist. Aus Sicht der abhängigen Gesellschaft ist insoweit nicht das oberste, sondern das unterste Unternehmen der Beteiligungskette relevant, welches die Voraussetzungen des § 6a Satz 4 GrEStG erfüllt. Die Konsequenz hieraus ist, dass es in einem Konzern nicht nur ein herrschendes Unternehmen gibt, sondern das jeweilige Unternehmen anhand des Umwandlungsvorgangs stets im Einzelfall zu bestimmen ist.
Neue Ländererlasse zu § 6a GrEStG
Mit Spannung wurde erwartet, ob die Finanzverwaltung das gerade erwähnte BFH-Urteil anerkennt und mit den nun veröffentlichten Erlassen hat sich die Finanzverwaltung dazu entschieden, das Urteil allgemein anzuwenden und die Ländererlasse entsprechend angepasst. Dies ist aus praktischer Sicht natürlich zu begrüßen, da sich die Erfüllung der Nachbehaltensfristen in tief gestaffelten Konzernstrukturen deutlich vereinfacht oder es – z.B. beim Upstream-Merger – überhaupt keine Nachbehaltensfrist gibt.
Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch eine weitere Änderung der Ländererlasse positiv zu erwähnen: bisher war unklar, ob eine reine Holdinggesellschaft als herrschendes Unternehmen auch dann in Betracht kommt, wenn es über eine abhängige Gesellschaft wirtschaftlich tätig ist. Die bisherige Erlasslage schien dies auszuschließen. Die Finanzverwaltung hat nun klargestellt, dass auch reine Holdinggesellschaften begünstigte (herrschende) Unternehmen sein können, wenn sie über abhängige Gesellschaften wirtschaftlich tätig sind. Hierbei ist allerdings in der Praxis zu beachten, dass dies nach Auffassung der Finanzverwaltung nur gilt, wenn die abhängige Gesellschaft, welche die wirtschaftliche Tätigkeit „vermittelt“, auch am Umwandlungsvorgang beteiligt ist.
Zuletzt hat die Finanzverwaltung den Erlass auch insgesamt auf den aktuellen Rechtsstand gebracht, d.h. den in 2021 eingeführten neuen Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG sowie die gesenkte grunderwerbsteuerliche Erwerbsschwelle von 90% und die verlängerten Beobachtungszeiträume von 10 Jahren ergänzt und zudem eine Klarstellung zur Einhaltung der Nachbehaltensfristen bei Rechtsnachfolge im Erbfall eingefügt.
Würdigung der Änderungen
Insgesamt ist der geänderte Erlass durchaus positiv zu bewerten, da er infolge der Anerkennung der BFH-Rechtsprechung insbesondere bei tiefer gestaffelten Konzernstrukturen sowie bei Beteiligungen von Holdinggesellschaften als herrschendem Unternehmen deutliche Erleichterungen bringt. Dennoch verbleiben natürlich viele praktische Probleme, die allerdings letztlich darauf basieren, dass § 6a GrEStG keine klassische Konzernklausel darstellt, sondern vom gesetzgeberischen Ansatz her nur punktuell begünstigen soll, so dass hier stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob die sehr engen Voraussetzungen erfüllt sind. Wünschenswert wäre insofern letztlich, die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel gesetzgeberisch einer Generalüberholung zu unterziehen und alle Grundstücksübertragungen innerhalb eines Konzerns (vergleichbar z.B. zur umsatzsteuerlichen Organschaft) sachgerecht zu begünstigen.