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Alle Jahre wieder - Urlaubschaos über die Feiertage

Alle Jahre wieder bietet das Thema Urlaub rund um die Weihnachtsfeiertage Konfliktpotential im Betrieb. Denn was ist, wenn nicht allen Urlaubswünschen entsprochen werden kann? Welche Beschäftigten genießen Vorrang? Oder können umgekehrt einseitig Betriebsferien angeordnet werden? Für eine besinnliche Weihnachtszeit im Betrieb sind Beschäftigte und Arbeitgeber daher gut beraten, die Urlaubsplanung frühzeitig anzugehen.  

Muss an Heiligabend und Silvester gearbeitet werden?

Entgegen eines teilweise immer noch verbreiteten Irrglaubens handelt es sich bei Heiligabend und Silvester um „normale“ Werktage. Sofern Heiligabend und Silvester also nicht ausnahmsweise auf einen Sonntag fallen, müssen die Beschäftigten ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen, wenn sie nicht ihren Lohnanspruch („ohne Arbeit kein Lohn“) und arbeitsrechtliche Konsequenzen riskieren wollen.

Und selbst wenn Heiligabend und Silvester auf einen Sonntag fallen, enthält das Arbeitszeitgesetz in § 10 Ausnahmen vom Grundsatz der Sonn- und Feiertagsruhe. Hierunter fällt selbstverständlich die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Not- und Rettungsdiensten, aber auch in Gaststätten, Theatern und Kinos. In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht können zudem Beginn oder Ende der Sonn- und Feiertagsarbeit unter gewissen Voraussetzungen bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden (§ 9 Abs. 2 ArbZG). Daneben haben Aufsichtsbehörden die Möglichkeit, auf Antrag des Arbeitgebers Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 13 Abs. 3 bis 5 ArbZG ausnahmsweise zu erlauben, wobei die Anforderungen für solche Ausnahmeerlaubnisse hoch sind.

Welche Ausnahmen gibt es?

Viele Arbeitgeber stellen ihre Beschäftigten jedoch freiwillig an Heiligabend und Silvester ganz oder teilweise unter Fortzahlung der Vergütung frei.

Geregelt werden kann dies sowohl einzelvertraglich als auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Häufig wird für Heiligabend und Silvester entweder eine komplette Arbeitsbefreiung oder aber zumindest eine Arbeitsbefreiung von vier Stunden unter Fortzahlung des Entgelts vereinbart, sofern die betrieblichen Verhältnisse es zulassen.

Eine weitere Besonderheit gilt in manchen Bundesländern zumindest für den 24. Dezember. In Bayern beispielsweise ist Heiligabend ein "Stiller Tag", d.h. Lärmbelästigungen sind ab 14 Uhr untersagt (Art. 3 Abs. 1 FTG Bayern). Für Baustellen, auf denen lärmintensiv gearbeitet wird, könnte dies bedeuten, dass spätestens am Nachmittag die Arbeit eingestellt werden muss. Die Beschäftigten erhalten quasi gesetzlich einen halben Tag Urlaub, wenn sie nicht anderweitig eingesetzt werden können.

In welche Falle können Arbeitgeber tappen?

Aus Arbeitgebersicht gilt es dringend zu vermeiden, dass ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung an Heiligabend und Silvester kraft betrieblicher Übung entsteht.

Als betriebliche Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen Beschäftigte schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Maßgeblich für das Entstehen eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers, sondern wie die Beschäftigten die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen durften. Gibt ein Arbeitgeber beispielsweise seinen Beschäftigten drei Jahre in Folge an Heiligabend unter Fortzahlung der Vergütung frei, ohne darauf hinzuweisen, dass dies freiwillig erfolgt, kann dies dazu führen, dass Beschäftigte kraft betrieblicher Übung auch im Folgejahr eine Arbeitsbefreiung an Heiligabend verlangen können.

Folglich sollten Arbeitgeber, um nicht den Eindruck eines solchen Verpflichtungswillens zu erwecken, deutlich machen, dass die Arbeitsbefreiung freiwillig und (vorerst) einmalig erfolgt. Hierfür kann nach der Rechtsprechung bereits die Erklärung ausreichen, eine Arbeitsbefreiung erfolge freiwillig „auch in diesem Jahr“ bzw. für das „laufende Jahr“. Dies kann beispielsweise per Rundschreiben, E-Mail oder auch durch Aushang am Schwarzen Brett bzw. Veröffentlichung im Intranet geschehen. Viele Arbeitgeber nehmen auch einen entsprechenden Hinweis auf die Lohn- und Gehaltsabrechnungen im Monat Dezember auf.

Wessen Urlaubswünsche gehen vor?

Gibt es keine solchen einzel- oder kollektivrechtlichen Regelungen, müssen Beschäftigte an Heiligabend und Silvester Urlaub beantragen, wenn sie grundsätzlich zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung verpflichtet sind, aber nicht arbeiten wollen.

Für Arbeitgeber kann dies mitunter problematisch werden, wenn eine Vielzahl von Beschäftigten gleichzeitig Urlaub beantragt, aber nicht allen Beschäftigten Urlaub gewährt werden kann. Das Konzept „first come – first serve“ führt dabei allein nicht zum Ziel. Denn nach § 7 Abs. 1 S. 1 BurlG sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen. Ein Leistungsverweigerungsrecht steht dem Arbeitgeber nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Belange zu. Diese sind im Streitfall vom Arbeitgeber zu beweisen.

Dringende betriebliche Belange können beispielsweise bei einer besonders arbeitsintensiven Zeit in bestimmten Branchen vorliegen (z.B. Weihnachten im Einzelhandel, Jahresabschluss bei Betriebsprüfung), wobei allerdings gerade bei diesen Umständen ihre Planbarkeit zu berücksichtigen ist. Ein Unterfall der dringenden betrieblichen Belange sind zudem entgegenstehende Urlaubswünsche von anderen Beschäftigten, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang genießen. Als soziale Gesichtspunkte im Sinne des § 7 BurlG kommen insbesondere Schließzeiten von Kitas, Schulferien von schulpflichtigen Kindern, Urlaubsmöglichkeiten des Partners, Alter, Betriebszugehörigkeit, Erholungsbedürftigkeit oder Handhabung in der Vergangenheit in Betracht. In der Praxis sind Arbeitgeber deshalb schnell geneigt, Eltern mit schulpflichtigen Kindern stets Vorrang vor Alleinstehenden zu geben.

Ziehen Alleinstehende dann immer den Kürzeren?

Dieses Konzept greift aber zu kurz. Denn Arbeitgeber haben bei der Ausübung ihres Direktionsrechts alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles abzuwägen und alle Interessen zu berücksichtigen. Dazu zählt es auch, ob Beschäftigte bereits im vergangenen Jahr an diesen „unbeliebten“ Tagen gearbeitet haben. Es kann also unbillig sein, wenn jedes Jahr dieselben Beschäftigten an Heiligabend und Silvester zur Arbeit herangezogen werden.

Im besten Fall gelingt es Arbeitgebern, die Beschäftigten aktiv miteinzubeziehen und auf eine einvernehmliche Abstimmung der Urlaubswünsche untereinander hinzuwirken. Dies beugt gleichzeitig Konflikten innerhalb der Belegschaft vor.

Sind auch komplette Urlaubssperren zulässig?

In manchen Branchen reicht die Ablehnung einzelner Urlaubsanträge nicht aus. Vielmehr sind Arbeitgeber auf jeden einzelnen Beschäftigten angewiesen. Dies kann beispielsweise im Einzelhandel der Fall sein. Hier stellt die Zeit zwischen den Jahren eine der arbeitsintensivsten Zeiten des Jahres dar. Dann besteht für Arbeitgeber ein erhebliches Interesse an einer kompletten „Urlaubssperre“.

Die Rechtmäßigkeit einer solchen Urlaubssperre richtet sich ebenfalls nach § 7 Abs. 1 BUrlG. Hiernach hat der Arbeitgeber grundsätzlich den ordnungsgemäß beantragten Urlaub auch zu der vom Beschäftigten gewünschten Zeit zu genehmigen, sofern keine dringenden betrieblichen Gründe eine Ablehnung rechtfertigen. An solchen fehlt es, wenn eine Vertretung der abwesenden Beschäftigten durch andere Beschäftigte möglich ist und auch so der ungestörte Betriebsablauf gewährleistet werden kann. Nur, wenn dies nicht möglich sein sollte, kommt eine Urlaubssperre in Betracht. Die dringenden betrieblichen Gründe müssen allerdings für den gesamten Zeitraum der Urlaubssperre vorliegen. Zudem steht dem Betriebsrat bei der Festlegung einer Urlaubssperre ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG zu.

Wird etwaiger Resturlaub mit ins neue Jahr genommen?

Werden über die Weihnachtszeit Urlaubssperren verhängt, kann dies dazu führen, dass Resturlaubstage im laufenden Kalenderjahr nicht mehr genommen werden können. Dies steht in Konflikt mit § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG, wonach der Urlaubsanspruch der Beschäftigten grundsätzlich auf das laufende Kalenderjahr befristet ist. Er muss also im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden und verfällt, wenn dies nicht geschehen ist, keine vom Willen der Beschäftigten unabhängigen Hinderungsgründe vorliegen und der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nachgekommen ist. Letzteres erfordert nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) allerdings, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigten im Laufe eines jeden Urlaubsjahres rechtzeitig dazu auffordert, ihren Urlaub zu nehmen und ihnen gleichzeitig mitteilt, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraums verfällt, wenn er nicht genommen wird. Das Nichteinhalten der Hinweispflicht führt nicht nur dazu, dass die Urlaubsansprüche nicht mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfallen, sondern – wie das Bundesarbeitsgericht am 20. Dezember entschied – auch dazu, dass die Urlaubsansprüche nicht nach drei Jahren verjähren. Arbeitgeber sind deshalb gut beraten, ihre derzeitigen Hinweissysteme zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen, denn abstrakte Angaben im Arbeitsvertrag oder aber die immer noch weit verbreiteten allgemeinen Hinweise in Entgeltabrechnungen sind nicht ausreichend.

Reichen Beschäftigte zum Beispiel im Dezember Urlaub ein und wird dieser wegen dringender betrieblicher Belange abgelehnt, dann wird der Resturlaub gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 und 3 BUrlG in das neue Jahr übertragen und kann in jedem Fall bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. In der Praxis empfiehlt es sich, bestenfalls schon vor Beginn des neuen Jahres den neuen Urlaubszeitraum verbindlich festzulegen.

Besteht ein Anspruch auf Lohnzuschlag für die Arbeit an Heiligabend und Silvester?

Einen gesetzlichen Anspruch auf einen Lohnzuschlag für Arbeit an Weihnachten und Silvester gibt es nicht. Es handelt sich um „normale“ Werktage. Dennoch findet sich in Arbeits- und insbesondere Tarifverträgen nicht selten Regelungen, wonach Beschäftigte für Arbeit an solchen Tagen Zuschläge erhalten. Ziel ist es, die Arbeit an Heiligabend und Silvester attraktiver zu machen und gleichzeitig die besonderen (privaten) Belastungen der Beschäftigten an diesen Tagen auszugleichen.

Vereinzelt sehen auch Betriebsvereinbarungen für Arbeit an Heiligabend und Silvester Sonderprämien oder Zuschläge vor.

Können Arbeitgeber einseitig Betriebsurlaub zur Weihnachtszeit anordnen?

Andersrum stößt es in der Belegschaft auch nicht immer auf Zustimmung, wenn von Arbeitgeberseite Betriebsurlaub „zwischen den Jahren“ angeordnet wird. Denn Ausgangspunkt bleibt, dass Arbeitgeber den Zeitpunkt der Urlaubsgewährung nicht beliebig alleine festlegen dürfen, sondern dabei die Wünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen haben. Und diese würden ggf. lieber Urlaub im Sommer als zwischen den Jahren nehmen.

Jedenfalls wenn ein Betriebsrat besteht und dieser zustimmt, wird aber die Einführung von Betriebsurlaub durch eine Betriebsvereinbarung für unproblematisch gehalten (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG). Nach umstrittener Ansicht gilt dies auch in betriebsratslosen Betrieben. Der Arbeitgeber soll hier kraft des ihm zustehenden Direktionsrechts einseitig Betriebsurlaub anordnen dürfen, sofern eine angemessene Ankündigungsfrist eingehalten wird und noch ein wesentlicher Teil des Jahresurlaubs (2/5 bzw. 40%) für die Beschäftigten frei verplanbar bleibt. Zum Teil wird es für erforderlich gehalten, dass daneben auch dringende betriebliche Belange i.S.d. § 7 Abs. 1 BurlG vorliegen. Diese könnten zum Beispiel darin liegen, dass mangels Zulieferung der notwendigen Rohstoffe vom alleinigen Lieferanten ohnehin keine sinnvolle Arbeit möglich ist oder aber angesichts der Abwesenheit des einzigen Arztes eine Durchführung des Praxisbetriebs unmöglich ist.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der 24. und 31. Dezember sind keine Feiertage und damit (wenn sie nicht auf einen Sonntag fallen) normale Werktage. Ein gesetzlicher Anspruch auf Zuschläge für Arbeit an diesen Tagen besteht nicht. Solche sind aber zum Teil einzelvertraglich oder in Kollektivverträgen vorgesehen.
  • Möchten Beschäftigte nicht arbeiten, müssen sie für diesen Tag grundsätzlich Urlaub nehmen, sofern ihr Unternehmen sie nicht aufgrund einzelvertraglicher oder kollektivrechtlicher Regelung unter Fortzahlung des Entgelts freiwillig ganz oder teilweise freistellt. Alternativ kommt auch ein Freizeitausgleich für geleistete Überstunden in Frage.
  • Arbeitgeber müssen bei kollidierenden Urlaubswünschen ihr Direktionsrecht nach billigem Ermessen ausüben und dürfen Urlaubswünsche nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Belange ablehnen.  Dabei sind insbesondere die sozialen Belange der Beschäftigten zu beachten. Bleibt aus diesem Grund Resturlaub bestehen, sollte bestenfalls schon vor Beginn des Übertragungszeitraum (01.01. - 31.03. des Folgejahres) festgelegt werden, wann dieser im neuen Jahr zu nehmen ist.
  • Die Anordnung von Betriebsferien und / oder Urlaubssperren bedarf nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates. 

Egal, ob auf der Arbeit oder im wohlverdienten Urlaub, wir wünschen allen Leserinnen und Lesern ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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